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Zum Ende der Seite springen Mit feiner Klinge
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Katrin
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Die Nachricht ?ber das Urteil Im Fall Magnus G?fgen erreicht Ulrich Endres in Spanien. Da hat er was am Laufen. Eine Mordsache. Vielleicht auch einfach nur eine Mordssache. Egal. Gro?es Kino jedenfalls. Wie ?blich.

Endres ist sauer. "Das ist einfach ungerecht. Das ist ein politisches Urteil, sonst nichts", erregt er sich via Freisprechanlage im Auto. Er ist wieder drauf und dran, sich in die Arschloch-Zone zu begeben. Da kennt er sich aus. Endres hat den Kindsm?rder G?fgen, den die allermeisten Menschen f?r ein Riesen-Arschloch halten, verteidigt. Und Verteidiger eines Arschlochs werden von der ?ffentlichkeit gerne in Sippenhaft genommen. Doch wer Endres in diese Ecke stellt, tut ihm bitter unrecht.

"Ich habe keinen Vertrag mit Kindsm?rdern. Ich habe einen Beruf, ich habe eine Funktion." Eine unbequeme Funktion. "Ich spreche f?r Leute, die bitter gefehlt haben, von denen alle sagen: ,Das sind Monster, haut ihnen in die Fresse'. Aber das sind keine Monster, sie bleiben Menschen. Sie haben zwei Augen, sie haben zwei Ohren, sie gehen aufrecht." Sie werden, glaubt Endres, von den Menschen zu Monstern gemacht, weil die Angst haben. Vor sich selbst. Vor dem Monster in ihnen. Vor dem G?fgen in ihnen. Endres will den Monstern seine Stimme leihen, sie wieder zu Menschen machen, alleine schon, weil viele von ihnen "sich gar nicht artikulieren k?nnen".


Endres kann das. Unter den Frankfurter Anw?lten ist er eine Art Popstar. Spektakul?re Prozesse finden selten ohne ihn statt. Es ist oft eine Lust, ihm beim Pl?doyer zuzuh?ren. Manchmal auch eine Last. Endres gestikuliert, er wird laut, er wird leise, er schafft es, einen Aussetzer zur Kunstpause umzumodellieren. Er tr?gt eine Uhr, f?r die seine Klientel wahrscheinlich hundertmal eine Bank ?berfallen m?sste. Dazu handgen?hte Cowboystiefel. Die haben ihn am Gericht den Spitznamen Wyatt Earp eingebracht. Wyatt Earp reitet wieder, hei?t es, wenn Endres mal wieder richtig in Fahrt ist. Manchmal vergaloppiert er sich dabei. Einen "Loser-Beruf" habe er sich ausgew?hlt, klagt Endres dann. An Selbstbewusstsein mangelt es ihm nicht: "Jemand, der so reden kann wie ich, wird halt gern auf einen Schauspieler reduziert."

Das ist er nicht. Manchmal zerrei?t es ihn. "Ich kenne doch den Unterschied zwischen einem Magnus G?fgen und einem Wolfgang Daschner. Der eine hat ein Kind ermordet, der andere einen mit Folter bedroht." Vergleichbar ist das nicht. Aber Daschner war eben nicht sein Mandant.

Zwischen alle St?hle hat sich Endres damals gesetzt, Er verteidigte den Kindsm?rder G?fgen - und fing sich allein dadurch bei vielen ein Stigma ein, wie man es auch von RAF-Anw?lten kennt. Du verteidigst einen Mistkerl? Dann bist du selber einer. Von anderen fing er sich Pr?gel ein, weil er von Anfang an sagte, dass sein Mandant selbstverst?ndlich ein M?rder sei. Endres k?mpfte daf?r, G?fgen von der besonderen Schwere der Schuld zu befreien. Er setzte darauf, dass sich G?fgens Gest?ndnis strafmildernd auswirken w?rde. Das tut es auch meistens. In diesem Falle nicht. Endres ?rgert das.

Ihn ?rgert noch mehr. Er hat kein Verst?ndnis f?r G?fgens Tat. Er hat vielleicht Verst?ndnis daf?r, dass das Urteil gegen seinen Mandanten es auf die erste Seite einer f?hrenden deutschen Tageszeitung schaffte. Weniger Verst?ndnis hat er daf?r, dass dieselbe Zeitung ein paar Wochen sp?ter den Fall eines Mannes, der seine beiden Kinder mit Steinen bepackt in den Main geworfen hat, auf Seite drei des Lokalteils abmeierte. Nicht jedes Monster schafft es auf die Titelseite. Im Grunde werden Monster erst durch Titelseiten erschaffen.

"Ich bin keiner, der nach Gerechtigkeit sucht", sagt Endres. Er macht lediglich seinen Job. Unl?ngst verteidigte er ein Mitglied der Rockergang Hells Angels, das einen Disco-T?rsteher im Streit erstochen hatte. Endres genoss es sichtlich, zu Prozessbeginn bekannt zu geben, dass er der origin?re Anwalt der Hells Angels, Chapter Westen ist. Ein Raunen ging da durch die Zuh?rer. Wyatt Earp reitet wieder. Und guck mal, mit wem. Weniger genoss er das Urteil. Sein Mandant wurde wegen Totschlags zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt. Ein hartes Urteil. Endres hatte auf Freispruch pl?diert. Und das, obwohl er genau wei?, dass der Rocker zumindest wegen gef?hrlicher K?rperverletzung mit Todesfolge mit Fug und Recht in den Knast geh?rt. Aber das ist nicht sein Job.

Sein Job ist es, das beste rauszuholen. Sein Job ist es, den Rocker zum Friseur zu schicken, ihn mit frischgeb?gelten wei?en Hemden zu versorgen, ihm zu sagen, dass er die ?rmel nicht hochkrempeln soll, um seine Tattoos zu pr?sentieren. Sein Job ist es, den Rocker rauszuhauen. Mit Gerechtigkeit hat das nichts zu tun. Endres k?nnte sogar damit leben, wenn Magnus G?fgen nach einer Wiederaufnahme seines Prozesses das Gericht als freier Mann verlassen w?rde. Gerecht w?re das nicht. Gerecht w?re es auch nicht, dass er in diesem Falle sofort au?er Landes geschafft werden m?sste, weil hier "ein tobender Lynchmob" auf ihn warten w?rde. Endres ist nicht Anwalt geworden, um der Gerechtigkeit zu ihrem Sieg zu verhelfen. Er ist Anwalt geworden, weil er das einfach gut kann, weil es ihm Spa? macht, weil er eine B?hne braucht.

Er ist Teil eines Systems. Die Staatsanwaltschaft fordert Utopisches, die Verteidigung fordert Utopisches, das Gericht w?hlt h?ufig den Mittelweg. Manchmal ist das gerecht. Manchmal nicht.

Ob ihn dieses System, dessen Teil er ist, nicht manchmal fertig macht. Ob es ihn nicht zerrei?t, Schweinehunde zu verteidigen, von denen er genau wei?, dass sie eigentlich hinter Schloss und Riegel geh?ren? Endres h?rt diese Fragen, als er gerade durch die spanische Abendhitze f?hrt, und allm?hlich bricht auch spanisches Temperament mit ihm durch. Nat?rlich mache ihn das fertig, br?llt er. Selbstverst?ndlich gehe das an die Substanz. Jeden Tag besch?ftige ihn diese Frage. Aber so sei nun einmal das System. "Und das System ist gut. Es ist fehlbar, aber es ist gut."

Man kann Ulrich Endres viel nachsagen. Der Vater dreier Kinder kokettiert gerne. Etwa damit, dass er 1945 in einer Dessauer Gestapo-Zelle geboren wurde, weil sein Vater Zwangsarbeiter versteckt hatte. Dass er nach seinem Studium mit dem VW-Bus nach Nepal tourte. Dass er Marathon l?uft. Dass er die Hells Angels vertritt. Er mag es schillernd. Promi-Anwalt, Haudrauf, Hallodri, Gro?sprecher - all diese Bezeichnungen w?rde er wahrscheinlich nicht ?belnehmen.

Neulich aber hat eine Zeitung ?ber ihn ein Portr?t gebracht und das mit "Der Mann f?rs Grobe" betitelt. Das traf ins Mark. "Ich bin nicht der Mann f?rs Grobe - ich bin der Mann f?rs Feine". Seine Mandanten m?gen grob sein. Er nicht. Er ist Florettfechter, kein Keulenschwinger.

Vielleicht ist das tats?chlich die beste Beschreibung, die man f?r den Anwalt Ulrich Endres finden kann: ein Feingeist in der Arschloch-Zone.

http://www.fr-online.de/frankfurt_und_he...8&em_cnt_page=2

Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zum letzten Mal von Katrin: 02.07.2008 08:39.

02.07.2008 08:35


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